In der Mittagspause rief ich meine kleine Schwester an. B. ist bis auf zwei Tage genau zweieinhalb Jahre jünger als ich. Sie hatte eine einfache Kindheit, denn sie musste für ihre Freiheiten nicht kämpfen. Ich hatte zweieinhalb Jahre zuvor für meine gekämpft, und unsere Eltern hatten sie ihr einfach gegeben.

Was Beziehungen anging, war sie noch konservativer als ich. Mit 16 Jahren suchte sie bereits die Liebe ihres Lebens. Sie schien sie in einem 21jährigen gefunden zu haben und hing an ihm wie eine Klette. Doch 16jährige Mädchen sind schwierig. Ich war es, und sie war es gleich doppelt. So hielt ihre erste richtige Beziehung nicht einmal ein Jahr, dann hatte ihr Freund die Nase voll von ihren Launen und gab ihr den Laufpass. B. saß nächtelang an meinem Bett und heulte sich aus, sie hätte nun alle Chancen auf eine glückliche Ehe verspielt, denn er sei es gewesen, ihre wahre Liebe, und sie könne niemals einen anderen lieben.

Sie hielt es tatsächlich partnerlos aus, bis sie 21 war. Dann bekam sie Torschlusspanik. Sie meldete sich an unzähligen Single-Börsen und Flirt-Sites an. Dabei hatte sie das gar nicht nötig. Sie ist bildhübsch, viel attraktiver als ich es je war. Keinen Abend konnte sie ausgehen, ohne von wenigstens einem Mann angesprochen zu werden. Aber keiner war ihr recht, immer glaubte sie, ihre Verehrer meinten es nicht ernst genug.

Sie war neidisch auf mich, weil ich schon so lange mit D. zusammen war und in ihren Augen eine glückliche Beziehung hatte. Doch zu dem Zeitpunkt hatten wir die erste große Krise bereits hinter uns. Die Illusion, D. sei der Mann meines Lebens, war längst geplatzt wie eine Seifenblase. Nur loslassen konnte ich nicht, und ich sollte es noch drei weitere Jahre lang nicht können.

B. fand ein Jahr später ihren Prinzen. Die beiden sind mittlerweile verlobt. Ein Versprechen, das für mich bedeutungslos geworden ist.